Olympische Spiele 2024: Klage wegen Cybermobbing. Ein Vergleich zur Schweiz.

Bei den Olympischen Spielen 2024 in Frankreich wurde die Algerische Boxerin Imane Khelif zur Zielscheibe des Mobs, der sie als Mann beschimpft. Beim Pariser Strafgerichtshof reichte sie Klage ein wegen Cybermobbings. Ein Vergleich zur Schweiz.

Klage wegen Cybermobbings einzureichen, erscheint hier nur logisch und konsequent. Gleichzeitig erinnert es fatal an die diesbezügliche Rechtslage in der Schweiz: in der Schweiz völlig unvorstellbar, dass eine als Mann beschimpfte Frau erfolgreich wegen (Cyber-)Mobbings oder Diskriminierung (oder wegen Beschimpfung) klagen könnte.
Das Schweizer Justizsystem tut sich unendlich schwer, gegen Cybermobbing vorzugehen. Es tut sich nur schon schwer, gegen klassisches Mobbing am Arbeitsplatz vorzugehen. Von Diskriminierung nicht zu sprechen. Und bei einer Klage, die Betitelung einer Frau als Mann als Beschimpfung auslegte, würden Schweizer Gerichte sich, in gewissem Sinn sadistisch, über die Klägerin höchstens lustig machen. Denn nichts von alledem ist im Schweizer Justizsystem wirklich beweisbar.

Die Schweiz kennt keine Gesetze gegen (Cyber-)Mobbing und Diskriminierung

Die Schweiz verfügt genauso wenig über ein spezialisiertes Anti-Mobbing-Gesetz wie über ein spezialisiertes Anti-Diskriminierungs-Gesetz. Aus der Schweizer Politik und von Schweizer Rechtsanwälten wird gerne darauf verwiesen, das Schweizer Strafgesetz sei ausreichend (sic), um Cybermobbing, Mobbing und Diskriminierung strafrechtlich zu verfolgen. So weit die Theorie.

Nur, wie ausreichend die Schweizer Gesetze in der Praxis eben nicht sind, erfährt die Gesellschaft nie. Denn es gibt in der Schweiz so gut wie keine Gerichtsberichterstattung mehr. Selbst wenn es eine solche gäbe: über Fälle, in denen keine Anklage erhoben wird (Strafanzeigen wegen Mobbing, Cybermobbing und Diskriminierung enden trotz anderslautender Behauptungen der Politik meist in „Nichtanhandnahmen“ oder Einstellung der Verfahren), würde ohnehin nicht berichtet.
Käme ein Mobbing- oder Diskriminierungs-Fall in der Schweiz überhaupt zur Anklage, ist zudem sehr unwahrscheinlich, dass Geschädigte eine Genugtuung für das erlittene Leid erhielten. Denn das Schweizer Rechtssystem anerkennt wirtschaftliche und gesundheitliche Schäden, die nicht so augenscheinlich, wie körperliche Schädigungen es nur sein könnten, als Folge einer Straftat erwiesen sind, grundsätzlich nicht. Schweizerische Bundesgerichtsurteile, die gesundheitliche Schäden die Anerkennung verweigern (und Geschädigte jeglicher Empathie entbehrend teils regelrecht verhöhnen), sind deshalb Legion.
Das „Kalkül“, das jeweils hinter bundesgerichtlich verweigerter Anerkennung gesundheitlicher Schäden steckt, blockiert in der Schweiz auch die strafrechtliche Verfolgung von (Cyber-)Mobbing und Diskriminierung. Es sind dies die oft zynischen Anforderungen an den Beweis einer Schädigung.

Diskriminierung: Schweizer Justiz mehr Teil des Problems als Teil der Lösung

Ein Problem bei (Cyber-)Mobbing- und Diskriminierungsklagen ist die gegenwärtig herrschende Willkür im Schweizerischen Strafrecht.* Will heissen: bei einer Klage einer Olympionikin wie Khelif und entsprechendem internationalen Interesse, würde die Schweizer Justiz wohl versuchen, den Anschein von Professionalität zu wahren. Aber in gewöhnlichen Fällen droht Geschädigten auf jeden Fall Nichtanhandnahme oder Einstellung ihrer Klagen. Denn nicht zuletzt ist die Schweizer Justiz, was Diskriminierung von Angehörigen bestimmter gesellschaftlicher Minderheiten angeht, mehr Teil des Problems als Teil der Lösung.


* Nicht vergessen: Willkür der Polizei und der Justiz ist ein Fokusthema dieses Blogs (wie auch die Willkür der Mainstream-Medien).

Eine Ohrfeige kassieren, „Stärneföifi!“

Ob Raclette, Jassen, Fondue, Lindauerli, Alphorn, Schwingen, Jodeln oder auch nur „ohni Znacht is Bett“, für Brauchtum und Folklore sind die Schweizer weltbekannt.

Auch „ohni Znacht is Bett“ (zu Deutsch: ohne Abendbrot zu Bett) ist in gewissem Sinn (Deutsch-)Schweizer Brauchtum. Welches Deutschschweizer Kind kennt nicht diese elterliche Drohung, zur Strafe ohne Abendbrot ins Bett geschickt zu werden?
Hinweis: Im Kulturraum der Schweiz ist das Schlagen von Kindern aktuell nicht verboten. Die „erzieherische“ Ohrfeige ist noch immer erlaubtes Erziehungsmittel. Gesellschaftlich insbesondere in bürgerlichen Kreisen, die autoritären Erziehungsformen anhängen, und in offiziell bildungsfernen Schichten, die es (ebenfalls) nicht besser wissen, ist sie breit abgestützt.

Kinderstrafe als Schlager – willkommen in der Schweiz

Die Schweizer Mundart-Band namens „Stärneföifi“ machte das Erziehungskonzept, Kinder zur Strafe ohne Abendbrot ins Bett zu schicken, zum Schlager. Willkommen in der Schweiz: „Heicho, ohni Znacht is Bett“ („nachhause kommen, ohne Abendbrot zu Bett“), lautet ihr 1995 veröffentlichter erster Song. Aufgrund seines zufälligen Erfolgs 1994 in einer Schweizer Fernsehshow hatte er erst zur Gründung der Band geführt. Der Song dreht allerdings im Refrain härter auf als im Titel: „Heicho, eis a d’Ohre und dänn ohni Znacht is Bett“ („nachhause kommen, eine Ohrfeige kassieren und dann ohne Abendbrot ins Bett“), heisst es da. Die Band „Stärneföifi“ etablierte sich im Kinderlieder-Segment. 2018 hat sie sich aufgelöst.

Wie geht das?

Wie geht das, in einem Kinderlied Kindesmisshandlung zu besingen und damit Charts zu stürmen? Dass Kinder sich über die Verballhornung elterlicher Drohungen, sie zu ohrfeigen und ohne Abendbrot ins Bett zu schicken, amüsieren, ist ein gutes Zeichen. Ihre Unterdrückung ist nicht soweit fortgeschritten, dass sie sich nicht mehr über die Verballhornung veralteter, autoritärer Erziehungskonzepte freuen könnten und sie – zusammen mit ihren Verbündeten von „Stärneföfi“ – nicht dagegen rebellieren dürften. Trotzdem…

Trotzdem: Es sagt doch etwas aus über eine Kultur, wenn veraltete, autoritäre Erziehungskonzepte besungen werden. Das Gute daran ist, dass mit dem öffentlichen Besingen das Thema mitten in der Öffentlichkeit angekommen ist.

Der "Stärneföfi"-Kindersong "Ohni Znacht is Bett" ist musikalisch stark an "Iko Iko" von den Dixie Cups angelehnt. 2009 nahm "Stärneföfi" zusammen mit den Dixie Cups eine neue Version von "Ohni Znacht is Bett" auf. Ob der Schlager schon den Status von Schweizer Folklore hat, muss an dieser Stelle aber offen bleiben. 
In Deutschschweizer Mundart entspricht der Ausruf "Sterneföifi" einem eleganten Ausdruck von Ärgernis oder Entsetzen, vergleichbar vielleicht mit "heiliger Bimbam". Anzumerken wohl, dass Männer, die sich dieses Begriffs bedienten, in der harten Männerwelt kaum mehr ernst genommen würden (ausser allenfalls an einem "Umtrunk" der Studentenverbindung...).

Freiheit und Sicherheit: EGMR-Urteil gegen die Schweiz

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat entschieden, dass die Taktik der Zürcher Polizei am 1. Mai 2011, etwa 500 Personen auf dem Helvetiaplatz in Zürich einzukesseln, die grundlegenden Rechte auf Freiheit und Sicherheit verletzt hat.

Zwei männliche Kläger, die während des Einkesselns festgehalten worden waren, hatten erfolglos gegen die Polizei vor Schweizer Gerichten geklagt. Der Erfolg ihrer Beschwerde beim EGMR gegen die hohe Vertragspartei Schweiz bestätigt nun die Unverhältnismäßigkeit des polizeilichen Vorgehens. Und leider bestätigt dieses EGMR-Urteil gegen die Schweiz auch einmal mehr die hoffnungslos rückständigen autoritär-patriarchalischen Ansichten, die immer noch die Schweizer Rechtspraxis prägen.

Zu diesem EGMR-Urteil gegen die Schweiz gibt es einen Bericht im Schweizer Fernsehen (staatlich, in deutscher Sprache).


Politische Verantwortung für die EMRK-Verletzung:

Im Jahr 2011 hatte Stadtrat Daniel Leupi von den Grünen die Leitung des Polizeidepartements inne und trug damit während des Vorfalls die exekutive Verantwortung. Seit 2013 leitet Daniel Leupi das Finanzdepartement der Stadt Zürich.
Im Jahr 2011 hatte Daniel Leupi, Grüne Partei, die Leitung des Polizeidepartements inne. Seit 2013 leitet Daniel Leupi das Finanzdepartement der Stadt Zürich. Bildquelle: www.stadt-zuerich.ch

Orwellscher NEUSPRECH der Zürcher Justizdirektion

Wenn Staatsanwälte Freispruch und Verurteilung verwechseln

Wie kreativ Schweizer Juristen sein können, zeigt nicht nur ihr Bankenrecht oder ihr Anwaltsgesetz, die internationaler Geldwäscherei und Steuerbetrug seit Jahrzehnten den roten Teppich ausrollen. Wie kreativ sie sind, beweist jüngst – Neusprech der Zürcher Justizdirektion.

Laut interner Kommunikation der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl sei ein „Urteil gegen A.B.“ (Name der Redaktion bekannt) ergangen. Gegen?

Tatsächlich behauptete Staatsanwältin Daniela Senn (MLaw) 2023 in einer Verfügung, A.B. habe einer Anzeige als Beweismittel „ein gegen sie ergangenes Urteil“ beigelegt. Pikant an Senns Formulierung ist, dass das Urteil, das A.B. der Anzeige beilegte, A.B. von der Anklage vollumfänglich freigesprochen hatte. Und zwar nicht in dubio pro reo. Das Gericht hatte die eindeutig rechtfertigenden Gründe für die A.B. angelasteten Handlungen gutgeheissen. Die Staatsanwaltschaft Limattal/Albis, welche gegen A.B. Anklage erhoben hatte, hatte auf Weiterzug des Verfahrens verzichtet. Ebenso verzichtete die Privatklägerschaft, das Urteil weiterzuziehen.

Im Jahr 2023 liegt jenes gegen A.B. geführte Verfahren über 10 Jahre zurück: Der Freispruch zugunsten A.B. ist im Jahr 2023 seit über 10 Jahren rechtskräftig. Für eine Strafanzeige als Beweismittel relevant wird dieses Urteil im Jahr 2023, als A.B erfährt, dass eine Person in Schrift tatsachenwidrig behauptete, A.B. sei damals verurteilt worden.

Staatsanwältin Daniela Senn, bei der A.B.’s darauf erfolgte Anzeige wegen Diffamierung (Verleumdung) gegen den Urheber der tatsachenwidrigen Behauptung gelandet war, reagierte für A.B. völlig unverständlich mit einer Nichtanhandnahmeverfügung. Primär begründete Senn diesen Entscheid damit, die Diffamierung sei verjährt: Denn das Schriftstück, das die – offenbar mutwillig tatsachenwidrig aufgestellte – Behauptung enthält, A.B. sei 2010 rechtskräftig verurteilt worden, wäre anscheinend schon 2017 verfaßt worden (in der Schweiz verjähren Diffamierungsdelikte 4 Jahre nach dem Tag der Begehung, das vorliegende also 2021). Verjährt wäre die Diffamierung nach Schweizer Recht auch ungeachtet des Umstands, dass A.B. erst 2023 von diesem anscheinend 2017 verfassten verleumderischen Schriftstück Kenntnis erlangte, nachdem dieses nachweislich 2022 in Verkehr gebracht worden war.

Staatsanwältin verwechselt Freispruch mit Schuldspruch

Was A.B. noch weniger verstand: Die Staatsanwältin behauptet in der Verfügung irreführend, als Beweismittel habe A.B. „ein gegen sie ergangenes Urteil“ eingereicht. Gemeint wäre damit eigentlich das Urteil mit dem Freispruch zugunsten von A.B., auch wenn Senns Formulierung ein Urteil mit einem Schuldspruch bezeichnete. Doch als Beweismittel hatte A.B. das Urteil gerade deshalb eingereicht, weil das Verfahren mit einem Freispruch zu ihren Gunsten ausgegangen war. Damit sollte die Unrichtigkeit der 2017 schriftlich gemachten tatsachenwidrigen Behauptung, A.B. sei verurteilt worden, bzw. damit diese als Verleumdung belegt werden.

Gegen die Verfügung der Staatsanwältin, keine Strafuntersuchung wegen Diffamierung zu eröffnen, reichte A.B. übrigens Beschwerde ein. Argument: Die Tat ist erst 2022 mit dem Inverkehrbringen der verleumderischen Schrift vollendet, die Frist der Verfolgungsverjährung beginne am Tag des Inverkehrbringens im Jahr 2022 zu laufen. Nach Schweizer Recht ist Diffamierung jedoch „ein Zustandsdelikt, kein Dauerdelikt“, wie das Zürcher Obergericht A.B. beschied und damit die Verjährung 2021 bestätigte.

Orwellscher NEUSPRECH der Zürcher Justizdirektion

Betreffend die irreführende Behauptung, sie habe ein gegen sie ergangenes Urteil als Beweismittel eingereicht, reichte A.B. separat bei der Oberstaatsanwaltschaft eine Aufsichtsbeschwerde ein: A.B. verlangte eine Erklärung, weshalb Staatsanwältin Daniela Senn gerade bezüglich des Punktes, um den es mit der Anzeige wegen Diffamierung ja überhaupt geht, diesen Fehler macht. In ihrer Nichtanhandnahmeverfügung verwechselt die Staatsanwältin Schuldspruch mit einem Freispruch eines Urteils, das als Beweismittel ja gerade die Tatsachenwidrigkeit der Behauptung, A.B. sei verurteilt worden, nachweisen soll. Im zentralsten Punkt des Verfahrens macht Daniela Senn diesen Fehler. Schlendrian? Absicht? Provokation?

Die Justizdirektion Zürich übt sich in Neusprech.

Ob es Schlendrian war oder Absicht, kann die Züricher Oberstaatsanwaltschaft nicht sagen. Sie delegiert die Stellungnahme an den Vorgesetzten von Daniela Senn ab, an den leitenden Staatsanwalt Daniel Kloiber (lic. iur.). Dieser macht es sich einfach: In seiner Antwort auf A.B.’s Beschwerde argumentiert er windig, die Aussage, ein Urteil sei „gegen“ eine Person ergangen, enthalte keine Aussage dazu, ob ein Freispruch oder eine Verurteilung vorliegt (sic). Per Definition ist es orwellscher NEUSPRECH, was Kloiber abliefert.

ChatGPT von OpenAI klärt auf – Zürcher Behörde weicht aus

A.B. analysierte die vorliegende Problematik vermittels des Sprachmodells GPT-4 von OpenAI (die Konversation ist öffentlich einsehbar: Link anklicken). Das Sprachmodell beurteilte das Sprachverständnis von Daniel Kloiber als „unüblich“: Die Aussage, ein „gegen“ eine Person ergangenes Urteil bedeute nicht, es liege eine Verurteilung vor, sei „irreführend“ und gerade im juristischen Kontext „problematisch“.
A.B. konfrontierte die „Direktion des Inneren und der Justiz des Kantons Zürich“, die den Züricher Staatsanwaltschaften vorgesetzte Aufsichtsbehörde, mit diesem Befund. Die lapidare Antwort des Sachbearbeiters der Justizdirektion, Tassio Suter (MLaw), beschränkte sich auf ein: „Aus unserer Sicht ist dem Schreiben von lic. iur. Daniel Kloiber nichts mehr hinzuzufügen“. Auf die Einschätzung der Antwort Daniel Kloibers durch ChatGPT-4 als „unüblich“, „irreführend“ und „problematisch“ oder überhaupt auf die Verwechslung des Freispruchs mit einem Schuldspruch ging der Vertreter der Zürcher Justizdirektion mit keinem Wort ein. Diesen Fragestellungen wich er mit seiner lapidaren Antwort geflissentlich aus.

Staatsanwaltschaft für besondere Untersuchungen bezieht Stellung

Wenigstens die Staatsanwaltschaft für besondere Untersuchungen räumte schliesslich in einer schriftlichen Stellungnahme ein, es handle sich um „eine unglückliche Formulierung“ der Staatsanwältin Daniela Senn. Amtsmissbrauch durch Daniela Senn, den A.B. vorgängig mit einem Verdacht zur Anzeige gebracht hatte, verneinte die Staatsanwaltschaft für besondere Untersuchungen hingegen. Aus den Akten gehe hinreichend hervor, dass das von A.B. als Beweismittel eingereichte Urteil, wie von A.B. geltend gemacht, tatsächlich einen Freispruch zugunsten von A.B. enthält.

Das bedeutet, dass Daniela Senn zumindest das schriftliche Urteil nicht gefälscht hat, um ihre kleine Datenfälschung in der Nichtanhandnahmeverfügung zu decken. Ihre Verfügung behauptete fälschlicherweise, dass ein Urteil „gegen“ A.B. ergangen sei. Durch diese Fälschung entsteht der absurde Eindruck, dass A.B. irrational oder gar verrückt sein muss. Denn sie suggeriert, A.B. habe ein Urteil gegen sich selbst als Beweis dafür eingereicht, dass die Aussage über ihre Verurteilung falsch und verleumderisch sei. Diese Darstellung untergräbt nicht nur die Glaubwürdigkeit von A.B., sondern zeichnet das Bild einer irrational handelnden Person und schädigt A.B.s Ruf weiter, indem sie eine geistige Instabilität impliziert. Diese Verzerrung der Fakten diskreditiert A.B. nicht nur, sondern stellt auch eine Form von institutionellem Mobbing dar. Indem Senn A.B. als irrational oder geistig labil darstellt, verzerrt sie die Realität auf eine Weise, die A.B. erniedrigt und untergräbt, was den persönlichen und rufschädigenden Schaden noch verstärkt. Nachdem die Staatsanwaltschaft für besondere Untersuchungen die Angelegenheit klargestellt hatte, zog A.B. jedoch die parallel zur Aufsichtsbeschwerde eingereichte Strafanzeige gegen Daniela Senn zurück.

Kommentar:

Wenn Aufsichtsbeschwerden bei Oberstaatsanwaltschaft und Justizdirektion wie vorliegend im Kanton Zürich ins Leere stossen, ist das ein Anzeichen, dass die demokratische Kontrolle der Behörden in der Schweiz nicht funktioniert. Doch wenigstens die Staatsanwaltschaft für besondere Untersuchungen erwies sich als seriös.
Übrig bleibt, Qualität bzw. Schlendrian, der Zürcher Staatsanwaltschaften zu beherrschen scheint, zu diskutieren. Zu diskutieren bliebe auch die Arroganz gewisser Beamter und Staatsanwälte (Daniela Senn, Daniel Kloiber, Tassimo Suter). Und auch institutionelles Mobbing und die Mobber dürften endlich mal zur Sprache kommen. Übrig bliebe zuletzt eine – rhetorische – Diskussion, ob es in einer Demokratie Raum für NEUSPRECH gibt. Unserer Meinung nach ganz klar NEIN.

Update 12. November 2023:
A.B. wandte sich am 11. Oktober 2023 per Email an die Ombudsstelle des Kantons Zürich. Sie schickte den Link zu diesem Artikel und fragte bezüglich ihres oben geschilderten Erlebisses mit der Justizdirektion: "Wie sieht die Ombudsstelle des Kantons das Vorgehen im Kanton Zürich gegen fehlbare Staatsanwaltschaften und Staatsanwält:innen, wenn Aufsichtsbeschwerden offenbar nicht mehr ernst genommen und behandelt werden?" Am 12. November 2023 teilte A.B. dem Zurich Observer mit, sie habe keine Antwort der Ombudsstelle erhalten. Ombudsmann des Kantons Zürich ist Jürg Trachsel, Rechtsanwalt und Mitglied der rechtspopulistischen Schweizerischen Volkspartei.

Politische Verantwortung für die Neusprech-Affäre der Zürcher Staatsanwaltschaften:

Seit 2015 leitet die Sozialdemokratin Jacqueline Fehr die Zürcher Direktion der Justiz und des Innern (Bildquelle: Kanton Zürich). 

Schweiz: Staatsanwaltschaften mit hoher Fehlerquote

Das Schweizerische „Beobachter“-Magazin berichtete 2022, dass seit Einführung der neuen Schweizerischen Strafprozessordnung per 1. Januar 2011 neu rund 90% aller Strafverfahren der Schweiz ohne Gerichtsverfahren durch Strafbefehle erledigt werden. 2023 verlieh der Beobachter den Preis für den „schludrigsten Strafbefehl des Jahres“ an die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis.

Der Beobachter berichtete über etliche Probleme, die aus der neuen Schweizer Strafprozessordnung resultierten. Rund 20% der Strafbefehle würden wieder aufgehoben. Am 7. März 2022 titelte der Beobachter: „Wir suchen den Fehlbefehl des Jahres 2022 – machen Sie mit!“

Auf einen Blick ist klar, in welche Richtung Strafverfahren, die neu nur noch von Staatsanwaltschaften ohne gerichtliche Beurteilung geführt werden, gehen müssen.

Staatsanwaltschaften: Viel Lärm um nichts.

Deshalb erstaunt der Aufschrei des Beobachters, rund 11 Jahre nach Einführung der neuen Strafprozessordnung, nicht: Die inhärente Problematik dieses Strafbefehls-Systems wäre von Anfang an absehbar gewesen.

Der schludrigste Strafbefehl des Jahres

Im Januar 2023 kürte der Beobachter den „schludrigsten Strafbefehl“ des Jahres 2022. Eine vom Beobachter zusammengesetzte Jury aus drei Fachpersonen kam zum Schluss, dass die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis des Kantons Zürich dieses Negativpreises würdig wäre, und zwar wegen eines Falls, über den der Beobachter am 1. April 2022 berichtete: „Zwei Tage in Haft, weil Staatsanwaltschaft schlampte“.

Der Idee zu diesem Preis liegt die Geschichte eines Mannes, der 75 Tage in Haft sass, ohne zu wissen warum, zugrunde: „Die grosse Macht der Staatsanwälte“.

Beim Versuch, dem Leiter dieser Staatsanwaltschaft den Preis persönlich zu überreichen, scheiterte der Beobachter jedoch. Im Bericht vom 26. Januar 2023, „Der Beobachter kürt den schludrigsten Strafbefehl des Jahres“, hielt Lukas Lippert fest: „Der Empfang war so frostig wie der Tag. Die Staatsanwaltschaft Limmattal/Albis in Dietikon ZH weigerte sich am 26. Januar, den Negativpreis für den Fehlbefehl des Jahres entgegenzunehmen. Beobachter-Chefredaktor Dominique Strebel konnte den Pokal nicht persönlich übergeben.“

Es ist bedauerlich, dass der Beobachter inzwischen das fast einzige redaktionelle Medium der Schweiz ist, welches Polizei und Justiz noch kritisch auf die Finger sieht. Mit Ausnahme allenfalls noch des staatlichen Schweizer Fernsehens sehen alle anderen Schweizer Medien heute bequem weg. Die Mainstream-Journos der grossen Verlagshäuser picken sich die Rosinen aus dem Kuchen des Weltgeschehens. Die journalistische Knochenarbeit im umquemen Umfeld von Machtmissbräuchen der Staatsgewalt, der Polizei und der Justiz, überlassen sie geflissentlich – wem auch immer.

Mit der Strafbefehls-Problematik der Staatsanwaltschaften befasst sich nun im Schweizer Kanton Zürich noch wenigstens auch die Justizkommission des Kantonsrats. Ob das genügt?